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Auswanderung aus Deutschland: Quellen für die Forschung in Deutschland

Andrea Bentschneider - 06. Oktober 2022 - Allgemein, Auswanderung, Archive, Vereine, Museen, Historische Dokumente, Hamburg, Wissen, Tipps und Tricks

Wenn Sie unter Ihren Vorfahren nun auch einige gefunden haben, die trotz aller Risiken der Reise und Widrigkeiten des Ankommens die Auswanderung gewagt haben, möchten Sie ihren Weg vielleicht genauer beleuchten. Doch wie stellt man das an? Es gibt hier, wie bei anderen genealogischen Recherchen auch, immer verschiedene Möglichkeiten, die sich u.a. nach den Gegebenheiten der verschiedenen Staaten und Länder richten.

Eine Auswahl davon stellen wir hier in zwei Blogbeiträgen kurz vor. Im heutigen ersten Teil wird es um die Quellen für die Ahnenforschung in Deutschland gehen, im nächsten Teil dann um einige interessante Quellen in Übersee.

Einige der Quellen sind auch online über verschiedenste (auch kostenpflichtige) Plattformen verfügbar, wobei Sie wie immer in der Ahnenforschung ein Auge auf die Seriosität und Verlässlichkeit der Quelle haben sollten, bevor die Informationen übernommen werden.

  1. Hamburger Passagierlisten

    Im Staatsarchiv Hamburg sind die Abfahrts-Passagierlisten der Auswanderer, die über den Hamburger Hafen mit dem Schiff nach Übersee aufbrachen, verwahrt. Mehr als fünf Millionen Namen von Passagieren aus den Jahren 1850 bis 1934 sind in dieser Sammlung zu finden. Neben den persönlichen Daten der Reisenden wie Namen, Alter und Stand bzw. Beruf gibt es auch Informationen zum letzten Wohnort vor der Abreise (nicht immer identisch mit dem Herkunftsort!). Die Listen sind nach Abfahrtsdatum unter Angabe des Schiffsnamen und des Zielhafens sortiert. Die Hamburger Passagierlisten sind die einzigen Auswanderer- und Passagierlisten der europäischen Überseehäfen, die bis heute fast verlustfrei und im Original überliefert sind. Lediglich für den Zeitraum des Ersten Weltkrieges von August 1914 bis Dezember 1919 gibt es keine Abfahrtslisten.

    Zusätzlich gibt es dort auch noch die Schifflisten mit Passagieren auf sogenannten "Nicht-Auswanderungsschiffen", also einzelne Mitreisende auf Handelsschiffen für die Jahre 1871-1887.

    Recherchen aller Passagierlisten sind im Staatsarchiv Hamburg möglich; bei FamilySearch.org, MyHeritage.de sowie Ancestry.de können unterschiedliche Listen des Bestands "Auswanderungsamt" eingesehen werden.


  2. Bremer Passagierlisten

    Über Bremen bzw. Bremerhaven sind ab 1820 über 7 Millionen Auswanderer aufgebrochen. Leider gibt es nur noch knapp 3000 überlieferte Abfahrts-Passagierlisten, die heutzutage im Archiv der Handelskammer Bremen verwahrt werden. Die Listen decken 70 Prozent der Schiffe ab, die 1907-1908, 1913-1914 und 1920-1939 von Bremerhaven aufgebrochen sind. Die noch vorhandenen Listen können hier nach Namen durchsucht werden, ebenso ist eine Recherche in der Datenbank des Historischen Museum Bremerhaven möglich.


  3. Stettiner Passagierlisten

    Über den Hafen von Stettin sind 1869 - 1901 lediglich 20.000 Auswanderer ausgereist. Die Stettiner Abfahrts-Passagierlisten sind im Landesarchiv Greifswald archiviert, eine Onlinedatenbank ist auf Ancestry.de recherchierbar.


  4. Auswanderungsakten und Zeitungsartikel

    In den meisten deutschen Staaten war es notwendig, bei der jeweiligen Landesregierung einen Antrag zur "Entlassung aus dem Untertanenverband"  zu stellen, also die Genehmigung zur Auswanderung einzuholen. In Zeitungen wurden manchmal geplante Auswanderungen angekündigt oder Anzeigen zur Suche von illegal ausgewanderten, meist militärpflichtigen oder straffälligen Personen veröffentlicht.

    Je nach Zuständigkeit und Erhaltungszustand finden sich diese historischen Unterlagen in den Staats- oder Landesarchiven der deutschen Bundesländer, eher seltener in Stadtarchiven. Ein Beispiel für einen solchen Auswandererbestand ist die Dokumentation des Landesarchivs Baden-Württemberg.

     
  5. Regionale genealogische und historische Gesellschaften und Vereine

    Die regionalen Vereine verfügen oft über eigene Bibliotheken zu genealogischen Themen und haben im Idealfall Wissen über die lokalen Auswanderungsbegebenheiten der Heimatregion der Auswanderer.

    Manche Privatpersonen, Vereine und Gesellschaften leisten zudem einen überregionalen Beitrag zur genealogischen Erforschung der Auswanderung. Hier einige Beispiele:
    Der Bremer Genealogie-Verein „Die Maus“ zum Beispiel hat die noch existierenden Bremer Passagierlisten transkribiert und im Internet zugänglich gemacht. Auf der Webseite auswanderer-oldenburg.de gibt es eine Datenbank der Oldenburgischen Gesellschaft für Familienkunde e.V., Auswanderer aus Thüringen lassen sich hier finden: auswanderer-thueringen.de.


  6. Auswanderermuseen

    Hamburg und Bremerhaven beherbergen die zwei großen Auswanderermuseen Deutschlands. Die BallinStadt – das Auswanderermuseum in Hamburg auf der Veddel ist 2007 am Ort der historischen Auswandererhallen, die 1901 in der Verantwortlichkeit vom Hamburger Reeder Albert Ballin fertiggestellt wurden, eröffnet worden. Unseren Bericht zur Wiedereröffnung des Museums 2016 finden Sie hier. Auch das Deutsche Auswandererhaus in Bremerhaven steht an historischer Stelle: Es liegt direkt am Neuen Hafen, von dem die Auswanderer aus Bremerhaven ihre Reise begannen. Beide Museen bieten neben der Aussicht, in den Ausstellungen rund um das Thema Auswanderung die Geschichte Ihrer Vorfahren nachzuerleben, auch vor Ort die Möglichkeit zur eigenen Ahnenforschung.


  7. Literatur

    Weltweit engagieren sich Forschungsstellen, Museen, Archive, Institute, Universitäten u.a. für die Erforschung von Auswanderung. Generell kann man sagen, dass die deutsche Auswanderung nach Nordamerika deutlich detaillierter erforscht ist als die Auswanderung nach Südamerika. Wer sich aber neben der Spur seiner eigenen Vorfahren auch für das Thema an sich, die historischen Hintergründe, den Blick über den Tellerrand interessiert, wird zum Beispiel auf der Homepage des Projekts „Auswanderung aus den Regionen des heutigen Rheinland-Pfalz“ des Instituts für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz fündig. Das Projekt listet auch eine große Auswahl an Literatur.

Sie wollen mehr über die Quellen und Anlaufstellen in Übersee erfahren? Hier geht es zum zweiten Teil unseres Blogbeitrags!

Selbstverständlich unterstützen wir Sie auch gerne bei den Recherchen. Sprechen Sie uns an!

 

 

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2 Kommentare

Beyond History

10. Januar 2024

Lieber Herr Dr. Krämer,

ganz herzlichen Dank für den zusätzlichen Quellenhinweis, der sicher für viele hier interessant ist!

Im Blogartikel selbst konnten wir nur eine kleine Auwahl an Quellen berücksichtigen, sind uns aber natürlich im Klaren, dass es noch viele weitere im In- und Ausland gibt, die wir auch selbst häufig nutzen.

Herzliche Grüße

Ihr Beyond History Team


Krämer

25. Dezember 2023

Dr.

Liebe Frau Bentschneider,

ergänzend zu den genannten Links zur Auswanderung aus den (heutigen) Bundesländern Rheinland-Pfalz und Baden-Württenberg möchte ich auf die Auswandererlisten (inkl. Signaturhinweisen zu den Originalquellen) hinweisen, die das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen veröffentlicht hat:

www.archive.nrw.de/landesarchiv-nrw/landesarchiv-nrw-abteilung-rheinland-duisburg/weiterfuehrende-informationen

Diese sind leider in alphabetischer Reihenfolge auf 5 pdf-Dateien verteilt, und somit etwas umständlicher zu durchsuchen. Auf Wunsch kann ich Ihnen gerne eine Excel-Datei zur Verfügung stellen, die ich daraus - ursprünglich für den eigenen Bedarf - erzeugt habe. Diese läßt sich dann nach allen Spalten sortieren und auch filtern.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter S. Krämer


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