Der Hunger unserer Vorfahren
- 16. Oktober 2015 - Allgemein, Alte Bräuche, Rezepte, 2. Weltkrieg
Am Welternährungstag, wird die Aufmerksamkeit der Medien besonders auf die Ernährungssituation in den Krisengebieten der Erde gelenkt, informiert und zu Spenden aufgerufen. Hier in der Ahnenforschung schweifen die Gedanken da natürlich zwangsweise zu unseren Vorfahren, die gerade in Deutschland vor nicht allzu langer Zeit Hunger leiden mussten. Es ist gerade einmal eine oder zwei Generationen her, als der Zweite Weltkrieg in einer Katastrophe für die deutsche Zivilbevölkerung mündete und die Nahrungsknappheit viel Fantasie verlangte, um eine Familie ernähren zu können. Erzählungen unserer Eltern und Großeltern berichten noch heute von dem Einfallsreichtum, der nötig war, um ein Minimum an Nahrung zu bekommen, und von dem Trauma, das wirklicher Hunger bis ins hohe Alter darstellen kann.
Heute können wir uns diese Zustände kaum ausmalen. Wir leben in einem Zeitalter des Überflusses – auch wenn dies leider nicht in allen Erdteilen zu spüren ist. Um diesem wichtigen Teil der Geschichte unserer Vorfahren näher zu kommen, habe ich daher Rezepte und Tricks aus der deutschen Nachkriegsküche gesammelt. Nichts macht deutlicher, wie karg die damaligen Verhältnisse waren.
Zunächst einmal wurde alles sehr sparsam verwendet. Fleisch und Fett sowie Milchprodukte waren eine Seltenheit und für die meisten nur schwer zu erlangen. Daher wurde, wenn es etwas gab, alles mehrmals verwendet, Rinderknochen etwa zweimal ausgekocht, alles mit Mehl vermengt um es sättigender zu machen, Reste zu Suppen verarbeitet. Um an Fleisch zu kommen wurde mehr als einmal der Hofhund oder ein Biber verspeist, und der Kampf um Nahrungsmittel forderte viele Opfer.
Es gab eine Fülle an Rezepten, die rare Lebensmittel imitieren sollten, wie „Falsche Schlagsahne“, die nur aus Eiweiß, Zucker und Apfelsaft bestand, „Falsche Grützwurst“ und „Falsche Schokolade“:
Falsche Grützwurst
Eine mittlere Zwiebel, 20 g. Fett, 500ml Gemüsebrühe, Majoran, eine Tasse Gerstengrütze, eine gekochte Kartoffel und Salz werden vermengt und auf Brot gegessen wie Streichwurst.
Falsche Schokolade
120 g Mehl werden in einem eisernen Topf gerührt bis es gelbbraun wird. Mit 1 l Wasser glattrühren, 2 l Milch, 6 Esslöffel Zucker, 2 Teelöffel Salz, 1 Stück Zimt, 2 Esslöffel Kakao hineinrühren und aufkochen.
So wurde aus Getreide Wurst und aus Mehl und ein wenig Kakao heiße Schokolade, die für einen Moment vergessen lassen sollte, dass echte Wurst und Schokolade lange nicht mehr auf dem Tisch standen. Echter Bohnenkaffee war ebenfalls eine Rarität und wurde in vielen Familien höchstens einmal die Woche gekocht. Den Rest der Zeit gab es zum Beispiel „Muckefuck“, Kaffee aus Löwenzahn- und Zichorienwurzeln, manchmal auch aus Getreide. Das Getränk teilte mit dem Original allenfalls den bitteren Geschmack und die Farbe.
In Deutschland liegen diese Zeiten nicht weit zurück. Der Gedanke an den Hunger unserer Ahnen lässt unseren heutigen Luxus und die Auswahl an Lebensmitteln, die uns geboten wird, wirklich in einem anderen Licht erscheinen.
Jede Familie hat eigene Geschichten aus der damaligen Zeit. Welche kennen Sie? Teilen Sie sie gerne in der Kommentarfunktion hier oder auf facebook. Wir freuen uns auf Ihre Geschichte!
Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.
0 Kommentare