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Mehr können wir uns nicht leisten!? – Wenn kirchliche Amtshandlungen Geld kosten

Heike Leiacker - 31. März 2017 - Allgemein, Wissen

Noch heute ist eine Hochzeit oder Beerdigung ein finanzieller Aufwand, der manche vor Schwierigkeiten stellt. Besonders in Bezug auf Hochzeiten sind viele Entscheidungen zu treffen, die großen Einfluss auf die Kosten haben: die Anzahl der eingeladenen Personen, das Kleid, ob ein DJ oder eine Band engagiert wird... Und nicht wenige ältere Menschen legen bereits zu Lebzeiten Geld für ihre eigene Beerdigung zurück, damit ihre Nachkommen diese nicht finanzieren müssen. In der Regel sind die finanziellen Belastungen aber nicht auf Gebühren zurückzuführen, die von den Kirchen erhoben werden. Das war früher anders.

 

Stolgebühren

Lange Zeit wurden sogenannte Stolgebühren (auch Pfarrgebühren oder Accidenzien) für die kirchlichen Amtshandlungen oder Kasualien erhoben, also für Dienstleistungen aus besonderem Anlass. Das heißt, man zahlte für Leistungen im Rahmen z.B. der Taufe, Konfirmation, Trauung oder Bestattung.  So kostete beispielsweise das Glockenläuten extra oder die Ausfertigung von Dokumenten und selbstverständlich der Gottesdienst selbst.

Für Familien und Personen mit geringen finanziellen Mitteln, stellten diese Gebühren ggf. ein großes Problem dar. Zwar durften Stolgebühren nicht vor den zu erbringenden Leistungen erhoben werden, sondern erst anschließend, um zu verhindern, dass sie Personen vorenthalten werden konnten. Armen sollten die Gebühren unter Umständen ganz erlassen werden. Umgangen wurde dies jedoch immer wieder.

So ist es zu erklären, dass früher die Kinder einer Familie häufig nicht kurz nach der Geburt sondern gemeinsam in einem Schwung getauft wurden, um Kosten zu sparen. Beigetragen hat dazu auch die hohe Kindersterblichkeit, für den Notfall gab es schließlich die Nottaufe. Auch die Gebühren für eine Heirat haben sicherlich den einen oder anderen seine eigene mindestens aufschieben lassen. Und Beerdigungen wurden nicht selten nur sehr karg ausgestaltet. Aus Kostengründen läuteten bei solchen Gelegenheiten nicht immer die Kirchenglocken.

Vereinzelt wurden Stolgebühren in den Kirchenbüchern vermerkt, als jura stolae oder taxa stolae.

 

Historische Entwicklung

Das Wort Stolgebühr leitet sich übrigens von der Stola ab, die zu solchen Gelegenheiten von den Geistlichen getragen wurde.

Entstanden sind die Stolgebühren aus den zunächst freiwilligen Spenden der Gemeindemitglieder, die in den Opferstock flossen und aus denen auch der Geistliche einen geringen Anteil erhielt. Bereits im frühen Mittelalter entwickelten sich daraus Gebühren. Umstritten waren sie besonders, wenn ihre Zahlung zur Bedingung für die Leistungserbringung wurde. Bereits 1215 wurde dies zwar auf dem vierten Laterankonzil verboten, doch es kam auch danach immer wieder zu Missbrauch.

Aufgrund des lange bestehenden Pfarrzwangs war es unter Umständen sogar notwendig, Stolgebühren an zwei Geistliche zu entrichten. An den der eigenen Konfession und an den des Wohnortes, der ggf. eben nicht der eigenen Konfession entsprach. So ist es auch zu erklären, dass sich Einträge über Taufen, Trauungen oder Beerdigungen mitunter nicht nur in einem, sondern in zwei Kirchenbüchern finden lassen.

Mit der Einführung von Kirchensteuern verloren die Stolgebühren im 19. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung. Auch die Einführung der Zivilstandsregister bzw. Personenstandsregister  und die obligatorische Zivilehe trugen hierzu bei, da sie beispielsweise einen Rückgang an kirchlichen Trauungen zur Folge hatten, bzw. dieser zumindest befürchtet wurde.

Heute erhebt die evangelische Kirche in Deutschland keine Stolgebühren mehr. In der katholischen Kirche variiert die Handhabung von Bistum zu Bistum. Mancherorts kann also durchaus noch eine Stolgebühr fällig werden. Das Bistum Speyer listet beispielsweise seit 1958 Stolgebühren in Höhe von 2 DM für Taufen, 12 DM für Trauungen und 8 DM für Beerdigungen. Ob diese erhoben werden, entscheidet aber die jeweilige Pfarrei. Selbst wenn diese Gebühren zu leisten sind, kann wohl davon ausgegangen werden, dass sie heute nur einen sehr geringen Anteil an den Gesamtkosten ausmachen.

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