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Dreißig Jahre Krieg und ihr Einfluss auf die Ahnenforschung

Heike Leiacker - 23. Mai 2018 - Allgemein, Hamburg, Historische Ereignisse, Jubiläum, Wissen

Der Dreißigjährige Krieg war eine der verheerendsten Auseinandersetzungen auf deutschem Boden. Vor den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts galt er als das Schicksalsereignis des Landes und auch auf die heutige Ahnenforschung hat er Auswirkungen. Als Auslöser gilt der Zweite Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618.

 

 

Der Prager Fenstersturz

Es war nicht das erste Mal, dass Personen im Rahmen konfessioneller Streitigkeiten aus Prager Fenstern gestoßen wurden. 1618 war der Grund ein Konflikt zwischen dem katholischen habsburgischen Landesherren Böhmens und den überwiegend protestantischen böhmischen Ständen.

Nach der Reformation gab es europaweit Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten. Seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 hatten deutsche Landesherren grundsätzlich das Recht, die Konfession der eigenen Bevölkerung zu bestimmen. 1609 hatte Kaiser Rudolf II. dem Königreich Böhmen mit einem Majestätsbrief jedoch Religionsfreiheit zugestanden. Als 1617 Erzherzog Ferdinand (ab 1619 Kaiser Ferdinand II.) böhmischer König wurde, begann er aber die Religionsfreiheit der Protestanten einzuschränken. Dies führte zu Protesten der Stände.

Am 23. Mai 1618 stürmten protestantische Adelige die Böhmische Kanzlei in der Prager Burg und stießen zwei Statthalter des Königs sowie einen Sekretär aus einem Fenster. Zwar überlebten alle drei, aber der Vorfall kam einer Kriegserklärung gleich. Am Ende des folgenden Krieges blieb den protestantischen Bewohnern Böhmens nichts anderes übrig als zu konvertieren oder das Land zu verlassen.

 

 

Krieg und Frieden

Damit hatte der Dreißigjährige Krieg aber noch kein Ende gefunden. Verschiedene Konflikte trafen zusammen und wurden auf deutschem Boden ausgetragen. Neben den konfessionellen und den reichsinternen Konflikten zwischen dem Kaiser und den Ständen spielte auch die Machtverteilung innerhalb Europas eine wichtige Rolle. Der deutsche Kaiser und Spanien standen dabei Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden gegenüber.

Beendet wurden die Kriege erst 1648 mit dem Westfälischen Frieden. Diesem vorausgegangen war 1941 der Hamburger Präliminarfrieden. In der neutralen Stadt hatten erste Gespräche zu einem allgemeinen Friedenskongress stattgefunden.

Der gesamteuropäische Friedenskongress wurde in Münster und Osnabrück abgehalten. Die neue Friedensordnung sah gleichberechtigte Staaten und eine Gleichbehandlung der Konfessionen vor. Die Niederlande und die Schweiz wurden unabhängig. Gewinner des Krieges waren Schweden und Frankreich, die neue Gebiete erhielten; Spanien verlor hingegen seine Machtposition. Auch der Habsburger Kaiser wurde geschwächt, bei gleichzeitiger Stärkung der Stände.

 

 

Entvölkert und verwüstet

Der Dreißigjährige Krieg forderte eine hohe Zahl an Todesopfern, die nicht nur während der Schlachten fielen. Zivilisten wurden von plündernden Soldaten getötet oder starben durch Hunger und Seuchen. Wie viele Menschen genau ums Leben kamen ist unklar.

Ganze Landstriche wurden entvölkert und verwüstet. Das lag nicht zuletzt auch an dem System der Kontributionen, das von Albrecht von Wallenstein eingeführt und von den anderen Kriegsparteien kopiert wurde. Die Kriegsfinanzierung erfolgte nicht aus der Reichskasse sondern durch die Bevölkerung in den Gebieten, in denen gerade gekämpft wurde bzw. die besetzt wurden. Je weiter der Krieg voranschritt, desto brutaler wurden die Ausbeutungen und Plünderungen. War eine Region ausgeblutet zogen die Truppen weiter.

Für die Ahnenforschung relevant ist, dass es entsprechend auch zu großen Wanderbewegungen kam. Die einen flohen aus religiösen Gründen, andere vor der Armut und den einfallenden Truppen. Auch den Soldaten folgten hunderte Zivilpersonen. Sie erhofften sich von den Truppen Schutz und eine wirtschaftliche Lebensgrundlage.

Verschiedene Regionen waren von alledem in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Besonders stark wütete der Krieg z.B. in Mecklenburg, Brandenburg, Pommern, Thüringen und Württemberg. Während manche Orte fast komplett entvölkert wurden, waren andere von Flüchtlingen überlaufen, deren Versorgung kaum zu gewährleisten war. Nach dem Ende des Krieges wurden von den Landesherren entvölkerter Regionen Einwanderer auch aus anderen Ländern z.T. gezielt angesiedelt um den Bevölkerungsmangel auszugleichen.

Hamburg hatte seit Beginn der Konflikte eine Politik der bewaffneten Neutralität verfolgt. Bereits ab 1616 war aufgrund eines Konflikts mit Dänemark in massive Wallanlagen investiert worden. Die Stadt wurde daher von plündernden Truppen verschont. Auch von Flüchtlingsströmen, beispielsweise aus den Niederlanden, profitierte das wachsende Hamburg. Es konnte zudem große Teile des Handels mit Mitteldeutschland auf sich konzentrieren und blühte als Handelsstadt weiter auf.

 

 

Zerstörte genealogische Quellen

Für viele genealogische Forschungen bedeutet die Zeit des Dreißigjährigen Krieges heute das Ende. In den Kriegswirren gingen viele Aufzeichnungen verloren, darunter vor allem Kirchenbücher, die eine der wichtigsten genealogischen Quellen überhaupt darstellen. Sie fielen Plünderungen und Zerstörungen der einfallenden Truppen zum Opfer. Zudem ist verständlich, dass in den schweren Zeiten ggf. auch aus anderen Gründen Lücken entstanden.

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2 Kommentare

Beyond History

23. Juli 2018

Lieber Chris,

 

vielen Dank für die interessante Einsicht in Ihre Familienforschung an der Sie uns teilhaben lassen.

 

In der Tat birgt jede (auch gewaltsame) Einwirkung/Veränderung natürlich immer auch neue Möglichkeiten und führt zu besonders spannenden Lebensläufen. Wir selbst haben bereits viele solche Fälle erlebt. Vielen Dank für diesen Hinweis! :-)

 

Schade ist dennoch, dass viele Familienforschungen aufgrund der fehlenden Quellen in dieser Zeit ein Ende finden.

 

Herzlichen Dank noch einmal für den spannenden Kommentar. Wir freuen uns immer sehr über solches Feedback.

 

 


Chris

19. Juli 2018

Bei aller Zustimmung für die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges (oder generell Kriegen), für die genealogische Forschung hatte er für mich nicht nur negative Auswirkungen wie die Zerstörung von Kirchenbüchern:

 

Nur durch diesen Krieg habe ich zahlreiche interessante Vorfahrenlinien aus Frankreich und der Schweiz.

 

Ähnliches gilt für Hungersnöte, Armut und anderes Unheil. Gerade die für den Einzelnen schrecklichen Momente sind - früher wie heute - die Triebkräfte für wunderbare Veränderungen. Auf meine persönliche Familienforschung bezogen waren sie das "Salz in der Suppe" für Vorfahrenlinien, die sonst seit Jahrhunderten nicht ihr Dorf verlassen haben.


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